Letztes Jahr hat Rumänien nach aktuellem Datenstand ein Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent hingekriegt und gehört damit wieder zu den dynamischsten Ländern der Europäischen Union. Für 2016 rechnen die Europäische Kommission, die Regierung, der IWF sogar mit rund vier Prozent - und auch anhand der wahrgenommenen Prognosen der Unternehmer zu urteilen sollte das Land mit Optimismus in die Zukunft schauen. Oder?

Gleiches wurde auch im Jahr 2008 behauptet, als nach Aussagen des damaligen Premierministers die Wirtschaft dröhnte, die durch die Lehmann-Pleite ausgelöste Finanzkrise Rumänien verschonen würde und Rumänen sich billige Häuser in den USA kaufen konnten. In Wirklichkeit stürzte das auf Pump finanzierte Kartenhaus ein, Rumänien erreichte praktisch erst in 2014 nach großen Schwierigkeiten das Niveau der Wirtschaftsleistung von 2008.

Damals wie heute gründete das Wachstum auf einer hohen Nachfrage, die durch unhaltbare Lohnanstiege und Steuerentlastungen befeuert wurde. Doch dieser Nachfrage begegnete kein in Rumänien produziertes Angebot. Die Folge war eine starke Zunahme der Importe, die Defizite (des Außenhandels, der Leistungsbilanz, des Haushalts) gerieten außer Kontrolle. Als die Fremdinvestoren ihr Kapital abzogen, waren die Defizite nicht mehr zu finanzieren - starke Einschnitte in die Sozialausgaben und in die Investitionen wurden notwendig, die Staatsverschuldung stieg dramatisch aufgrund von Notkrediten.

Einige Parallelen sind geradezu auffällig. Auch letztes Jahr wurden Steuern stark herabgesetzt und die Löhne im öffentlichen Dienst angehoben. Das führte zur Steigerung der Nachfrage und einem höheren Konsum. (Die Umsätze im Einzelhandel stiegen im Januar 2016 im Vergleich zum selben Vorjahresmonat um 15,6% - am stärksten in der EU). Außenhandelsdefizit (von 6,1 auf 8,4 Milliarden Euro) und Leistungsbilanzdefizit (von 0,7 Milliarden auf 1,75 Milliarden Euro) zeichnen Steilkurven nach oben.

Auch Unterschiede gibt es. Die Defizite lassen sich preiswert finanzieren, weil genug Anleger für Staatsanleihen da sind, und auch die Rückführungen rumänischer Arbeitnehmer aus dem Ausland sind auf einem zufriedenstellenden Stand - noch. Es gibt keine Immobilienblase (oder eine andere Blase), die platzen könnte und die Wirtschaft in den Sog mitreißt - vorerst*.

Auch haben manche Entscheidungsträger die Lektion 2008 offenbar gelernt. Die Regierung zögert, trotz Wahljahr weitere Lohnversprechen der Vorgänger einzulösen und sieht ein Wachstum über dem Potenzial als gefährlich an. Die Zentralbank warnt vor einem "gedopten" Wachstum.

Nachfrageorientierte Politik wird nicht funktionieren, solange es im Land kein ausgleichendes Angebot gibt. Schon Einstein wusste es: Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

* Wie stark das geplante Gesetz zur Einführung der Leistung an Erfüllungs statt bei laufenden Immobilienkrediten die Banken belastet, hängt von der Endfassung des Gesetzes ab.

von Alex Gröblacher